Was das Pucherl bedeutet

Was separat als Austro-Daimler, Steyr und Puch begann, entfaltete über rund ein Jahrhundert eine sehr komplexe Geschichte der Verflechtungen, Erweiterungen, Fusionen, Auflösungen, Umgestaltungen. Das moderne Automobil ist seit etwa 1900 da und zeigte sich in vielen Variationen. Heute repräsentiert Magna Steyr diese Konzerngeschichte.

Ein Bild aus dem Jahr 1910. Fließbandproduktion gab es bei uns erst nach dem Zweiten Weltkrieg.

Auch Johann Puch trat in jenem Jahr 1900 erstmals als Automobilbauer auf die Bühne der Wirtschaft: [link] Das war kein Probieren und Herumstümpern, sondern der zielgerichtete Start zu einer eigenen Erfolgsgeschichte. Fünf, sechs Jahre später ist die Sache vorzüglich in Schuß, die Voiturette aus jener Zeit ist ein Meilenstein österreichischer Mobilitätsgeschichte. 1910 ist Puch ein Automobilproduzent, den die Konkurrenz quer durch Europa ernst nehmen muß.

So wurden 1910 Autos gebaut.

Nach seinem Tod erschüttert der Erste Weltkrieg den Kontinent, das Puchwerk ist vor allem im Lastwagenbau gefordert. In der Zwischenkriegszeit herrscht allerhand Not, außerdem ist die Mittelschicht weitgehend finanziell ruiniert (Kriegsanleihen etc.). Das heißt, der Automobilismus findet noch kein Massenpublikum.

Der Altmeister erlebte diese Zeit nicht mehr: Ein Inserta von 1916.

Das hat sich auch in den 1930er- und 1940er-Jahren nicht geändert. Was da an Autos auf unseren Straßen fuhr, ist zum geringsten Teil in persönlichem Privatbesitz gewesen, es dominierten Firmen- und Behördenfahrzeuge.

Erst nach 1945 setzt sich in Europa die Fließbandproduktion durch und kommen Auto-Konstruktionen auf den Markt, die eine preiswerte Massenfertigung möglich machen. Dadurch beginnt jene Massenmotorisierung, welche dem „Puch-Schammerl“ seinen besonderen Stellenwert gibt. Endlich konnten sich Leute ein „richtiges Auto“ leisten, die davor nicht einmal träumen durften, einen eigenen Wagen zu besitzen.

Was in den 1960ern solides Familienfahrzeug war, wurde oft in den 1970ern von jungen Leuten als gebrauchtes Erstauto gesucht und verlor dabei auch leicht die Originallackierung.

In den 1970ern, als jemand wie ich den ersehnten Führerschein in Händen hielt, waren die Pucherln als preiswerte Gebrauchtwagen zu haben. Da hatte ich zuvor aber schon auf Fahrrädern und Mopeds von Puch erlebt, was man an individueller Mobilität schätzen konnte. So steht das Pucherl zeitlich, technisch, ökonomisch und emotional an der Schwelle einer „Automobilgesellschaft“, wie es sie zuvor noch nie gegeben hatte.

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Martin Krusche, Künstler, siehe: [link]