Ich habe nie daran gedacht, daß man sich als Teil des Publikums bei historischen Fahrzeugen zwischen den zwei Richtungen entscheiden müßte: Möglichst perfekter Zustand oder möglichst viel erhaltene Substanz aus vergangener Zeit. Beides zugleich geht ja nicht.
Diese Entscheidung macht einen großen Unterschied beim Restaurieren; wo soll es hingehen? Aus der Lektüre weiß ich, daß nicht nur bei hochpreisigen Fahrzeugen gefälscht und gemogelt wird. Ein einmaliges Fahrzeug mit dokumentierter Renngeschichte? Das endlich entdeckte zweite Exemplar, nachdem man bisher nur von einem wußte, das noch existiert?
Auch eine schwarze Puch 250 TF wird eventuell auf Elfenbein umlackiert, weil das grade gefragter ist. Wo Profite winken, wird gefälscht. Es kann aber noch ganz anderes kommen.
Sie haben sicher auch verfolgt, welchen Enthusiasmus die Entdeckung eines „Lohner-Porsche“ in der Fachpresse ausgelöst hat. So frohlockte etwa Motor Klassik: „Historischer Wert des Ur-Porsche bestätigt“ [Quelle]
Beindruckende Bilder kursierten. Es hieß: „Nach wochenlanger Kritik vieler Medien an der Geschichte des Egger-Lohner C.2 besteht am historischen Wert des Fahrzeugs jetzt kein wesentlicher Zweifel mehr.“
Nun kann ich selbst nicht beurteilen, wie dieses Fahrzeug einzuschätzen ist. Aber die kritische Betrachtung seitens der Österreichischen Gesellschaft für historisches Kraftfahrwesen ist äußerst spannend und aufschlußreich, macht selbst einem Laien klar, worüber in solchen Fragen nachzudenken wäre.
Da ist einer der interessantsten Berichte, den ich seit langer Zeit zu lesen bekam. Sie finden Ihn in der Ausgabe Nummer 150 der Motor Veteranen Zeitung auf Seite 4. Das Blatt kann als PDF-Datei kostenlos heruntergeladen werden: [link]
Nebenbei bemerkt, es ist schon ein wenig Effekthascherei, wenn die Konstruktion des hochbegabten Handwerkers in fremdem Dienst nun als „Ur-Porsche“ promotet wird.
Porsche hat erst viel später seine eigene Automarke etabliert. Wir reden ja auch nicht von einem frühen Ledwinka oder von einem Slevogt, wenn wir bei Steyr, Puch, Laurin & Klement und anderen Marken im Geschichtsbuch blättern