Städtisches Glockenläuten

Wer wenigsten in den 1950ern geboren wurde, kann sich gewiß erinnern, daß es in Straßenbahnen zwei Arten Glockenläuten gab. Jenes, mit dem der Schaffner dem Wagenführer Signale gab, und jenes, mit dem der Wagenführer anderen Verkehrsteilnehmern etwas mitteilte.

Foto: Kurt Kulac (GNU-Lizenz)

Bevor Automobile auf den Straßen überhaupt auftauchten, war die Mobilität in den Städten vor allem auf menschliche Füße gestellt, von Fuhrwerken und Straßenbahnen begleitet. Als erstes drangen dann Radfahrer in diese Situation ein und erzwangen bei der Bevölkerung neue Erfahrungen mit einer Geschwindigkeit (und fast Lautlosigkeit), die man vorher nicht gewohnt war.

Die „Autler“ änderten schließlich alles, Lärm und Gestank verbreitend, was für enorme Widerstände sorgte. Aber vor allem das Tempo der neuen Vehikel macht den übrigen Menschen zu schaffen.

Das führte zu Konfliktgeschichten, die wir mit dem Automobilismus bis heute kennen; teils mit den gleichen Kontroversen und Streitgesprächen wie vor hundert Jahren.

Die Fuhrwerke sind aus unserem Straßenbild verschwunden, die Straßenbahnen sind geblieben.

Foto: Jacktd (GNU-Lizenz)

Der populäre Sänger Wolfgang Ambros hat mit „Schaffnerlos“ einen Umbruch in diesem Teil der Geschichte besungen, welcher heute fast vergessen ist; die Einführung schaffnerloser Garnituren, also die Abschaffung jenes Begleitpersonals: [link]

Ich glaube mich zu erinnern, daß Wien in der Sache eine Vorreiterrolle hatte. Das Online-Magazin „Stadtbekannt“ läßt uns wissen:

>>Die Umstellung der Wiener Straßenbahnen auf „schaffnerlos“ dauerte über 32 Jahre. Am 01.12.1964 kam der erste schaffnerlose Beiwagen (Linie 43) zum Einsatz und am 20.12.1996 fuhr die letzte Straßenbahn mit Schaffner (Linie 46). Der Anlass für die Umstellung damals waren nicht Sparmaßnahmen, wie man heute annehmen würde, sondern Personalmangel.<<
Quelle: [link]

Die Geschichte unserer Straßenbahnen ist also ein spezieller Teil österreichischer Mobilitätsgeschichte. (Wer erinnert sich noch, im Zweier über den Grazer Glacis gefahren zu sein?)

Dem allen ist in der steirischen Landeshauptstadt das Tramway Museum Graz gewidmet: [link] Merken Sie sich bitte vor, das Johann Puch-Museum Graz ist dort Ende Juni zu Gast, um mit den engagierten Leuten vom Tramway-Museum ein Jubiläum zu feiern. (30.6.2013!)

 

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Martin Krusche, Künstler, siehe: [link]