Alpenwagen

Tageslosung: Hochglanz

In den letzten Tagen hab ich erstmals begriffen, was „Museum“ AUCH bedeutet: putzen. Endlos putzen. In diesem Fall Autos putzen, Motorräder und Mopeds putzen, Fahrräder putzen. Ich hab es am Schreibtsich sehr viel leichter. Da will zwar auch gelegentlich geputzt werden, aber das hält sich doch sehr in Grenzen.

Rangiert wird von Hand und in Handschuhen: Der Alpenwagen

Gestern kamen die bedeutendsten Leihgaben von Magna Steyr in der „Halle P“ an, die Voiturette und der „Alpenwagen“. Es gibt sensationellere Stücke von Magna; etwa die Karosse des neuen Flügeltürers (SLS) oder ein Aston Martin-Häusel. Aber die alten Fahrzeuge sind so rar, da muß man die Gelegenheit schon nutzen, sonst sind sie lange nicht mehr öffentlich zu sehen. Und sie tragen eine Bedeutung in der Automobilgeschichte, das wird noch ausführlicher zu erzählen sein.

Danach werden die Fahrzeuge zur Entlastung der Räder aufgebockt: Die Voiturette

Auf jeden Fall, ich hab es an anderer Stelle schon erwähnt, der „Alpenwagen“ wurde hier, in eben dieser Halle gebaut; da fehlen jetzt bloß noch zwei Jahre auf den Hunderter. Das ist ja genau genommen ein atemberaubender Zeitraum. Was wissen wir denn über Menschen, die hier vor hundert Jahren gearbeitet, gelebt haben? Was bewegte sie? Was dachten sie? Wir wissen nichts. Wir können bloß an solchen Artefakten sehen, WAS sie gemacht haben…

Menschliche Fingerabdrücke haften enorm; sehr zum Leidwesen von Übeltätern. Hat man sie auf Hochglanzfotos, gehen sie nur mehr mit der Drahtbürste weg, anders nicht. Messing, Lackflächen, glatte Hölzer… Voiturette und „Alpenwagen“ werden also bloß mit Samthandschuhen angefaßt. Sonst geht die Putzerei gleich wieder von vorne los.

Nach dem Kombi muß man sich schon umsehen: Steyr-Puch 700

Doch auch weniger prominente Fahrzeuge haben ihren Reiz. Wie oft bekommen Sie denn einen 700er zu sehen? Der Puch-Kombi taucht im Alltag kaum noch auf und ist auch bei Klassiker-Treffen seltener als die Ferraris oder Jaguare. (Das Verhältnis XK 150 zu Puch 700 wird wohl kaum unter 10 zu 1 kommen.)

Die Halle P

Von den frühen Betrieben des Fabrikanten Johann Puch ist kaum Bildmaterial verfügbar. Er starb 1914. Zum Glück für uns war er ein sehr inspirierter Werbestratege und konsequenter Öffentlichkeitsarbeiter, was im Betrieb auch nach seinem Tod weiter gepfelgt wurde. So können wir aus den Werbesujets allerhand interessante Eindrücke gewinnen.

Diese Werksansicht verdanken wir einem Inserat (Für die große Ansicht bitte anklicken!)

Am 4. April 1915 erschien in der „Allgemeinen Automobil-Zeitung“ auf Seite 7 ein Inserat der Puchwerke AG Graz. Es zeigt ein voll ausgebautes „Einser-Werk“, auf dem im Vordergrund jene Halle zu erkennen ist, in der sich neuerdings das „Johann Puch-Museum“ befindet. Die Bezeichnung „Halle P“ stammt allerdings aus jüngerer Zeit, denn hier waren die Steyr-Puch „Pinzgauer“ zuhause, bis ihre Produktion nach England verlegt wurde.

Das Inserat vom April 1915

Unübersehbar: Diese Halle war in der Blütezeit des Werkes sehr viel länger. Sie endet heute etwa bei jenem auffälligen Knick, vor dem sich derzeit ein markanter Kreisverkehr befindet. Die ganze Anlage rechts (südlich) davon ist Geschichte.

Was nun die Daten angeht, ist noch kein Konsens auf dem Tisch. Mit dem Bau der Halle wurde wohl 1908 begonnen. Peter Piffl-Percevic betont: „Auf den Fakturen von 1913 ist die Halle noch nicht zu finden, 1915 ist sie in den Büchern.“ Das bekräftigt offenbar dieses Inserat.

Der Puch "Alpenwagen" von 1919

Übrigens! Der Puch „Alpenwagen“ von 1919 mit dem damals so modischen Spitzkühler, ein Puch Typ XII, den Sie bei der Eröffnung werden sehen können, wurde in eben dieser Halle gebaut.