Steyr-Puch Fahrzeuge Club Erlauftal

Tip: Daisy ersteigern!

Wolfgang Votruba, Obmann des “Steyr-Puch Fahrzeuge Club Erlauftal“, schrieb uns via Facebook„Hallo Puch Freunde! Vielleicht findet wer von Euch Zeit bei unserer heurigen Benefiz-Veranstaltung mit dabei zu sein?! “

Holen Se sich eine Daisy und machen Sie was feines daraus! (Foro: Steyr-Puch Fahrzeuge Club Erlauftal)

Damit meint er das „6. Steyr-Puch Fahrzeuge Treffen 2012“, bei dem es um das Hobby, die Geselligkeit, aber auch soziale Aktivitäten geht: „Wir unterstützen auch heuer wieder 2 Projekte in unserer Region! Die Einnahmen der Veranstaltung werden für diese beiden Projekte verwendet.“

Dazu versteigert der Club ein besonderes Paket: „Hier noch die nicht fahrbereite aber zu 80% vollständige Puch DS 50 L (4 Gang). Das Fahrzeug ist zum Restaurieren gedacht! Der Vorbesitzer wollte Sie restaurieren und hat sie daher zerlegt. Er ist aber nie dazu gekommen.“

Im Rahmen der Veranstaltung wird auch ein Programm für Fans geboten. Alle weiteren Informationen finden Sie auf der Vereins-Website: [link]

Was kann und soll das Museum?

Ich nehme an, Wolfgang Votruba, der Obmann des “Steyr-Puch Fahrzeuge Club Erlauftal“, ist ein engagierter Mann, dessen Emotionen am Thema hängen. Ich möchte daher als wohlgemeinten Ratschlag deuten, was wie eine Rüge klingt. Sein Kommentar zu unserer Einladung bezüglich Wiedereröffnung des Grazer Museums bietet neben den harschen Sätzen auch anregende Überlegungen. Die Quelle: [link]

Sein erster Satz läßt mich vermuten, daß vielleicht ein grundlegendes Mißverständnis besteht. „Ich hoffe, dass es im ‚neuen’ Museum nur Originalstücke (Zweiräder) und keine ‚umgebauten, nie existierenden Monza-Modelle’, wie zuletzt, gibt.“

Warum denn nur Originalstücke? Wer, wie ich, 1956 geboren wurde, weiß natürlich, daß wir uns zuerst die Daisies, dann die MC, die M50 Cross und Racing oder was immer wir in die Hände bekamen, umgebaut haben. Wir wollten alte Fahrzeuge „moderner“ aussehen lassen, wir wollten Serienfahrzeuge individualisieren, um einen möglichst unverkennbaren Auftritt zu haben, wir reagierten auch auf Modetrends. Beispiel: MC50 mit „Sternenbanner“- Tankbemalung, Sitzlehne und dickem Hinterrad als Referenz an den Film „Easy Rider“.

Wir wollten in den 1970ern die Mopeds schneller machen oder auf jeden Fall schneller aussehen lassen. Das wird später bei den Youngsters auf Monzas und Cobras kaum anders gewesen sein.

Vermutlich bis zur letzten Schraube original: Puch MC50 2

Was soll nun ein Museum zeigen? Zeitgeist und Zeitgeschichte oder Werksgeschichte am Beispiel von Originalfahrzeugen? Beides ist interessant. Suchen Sie in unserer aktuellen Ausstellung jene MC50 II, die originaler nicht sein könnte, da werden Sie staunen. Aber mir würde es auch sehr gefallen, daneben eine „Easy Rider-MC“ zu sehen, denn das ist ein Stück meiner Jugendzeit.

Votruba schreibt:
„Als ‚das’ Steyr Puch Museum und noch dazu an so einem historischen Platz, hat man als Besucher (und vor allem PUCHFAN) eine sehr hohe Erwartungshaltung!“

Das verstehe ich gut. Und würde uns Votrubas Verein auch noch das nötige Millionenbudget beschaffen, es ließe sich ein Stab von Historikern, Kuratoren und Technikern engagieren, es ließen sich auch einige marktkundige Agenten bezahlen, die sich in der Welt laufend umsehen, um Lücken in der Sammlung zu schließen.

So könnte ein Museumsbetrieb nach den Regeln entstehen, wie bei einem Universalmuseum Joanneum [link] oder einem Technischen Museum Wien [link] … inklusive Putztrupps, Hauselektriker, Nachtwächter etc.

Aber wollte das hier eigentlich jemand?

Nicht gerade rasend original: Puch M50 Cross

Votruba weiter:
“Das müsste doch auch im Interesse des heutigen Magna Konzern sein, stolz auf die Vergangenheit zu sein. Sichtlich zumindest bisher, vermute ich aber leider das Gegenteil.“

Da liegt offenbar eine Verwechslung vor. Magna Steyr unterstützt dieses Projekt großzügig, aber dies ist kein Werksmuseum von Magna Steyr.

Denken Sie etwa an das Porsche-Museum in Stuttgart, wo eine höchst erfolgreiche Automarke die eigene Geschichte mit einem astronomischen Aufwand würdigt: [link] Das sollte bezüglich Intention und Budget nicht mit einer Privatinitiative wie dem Puch-Museum verwechselt werden.

Ganz und gar nicht oder aber extrem original: Ein Unikat auf Basis von Puch Fahrrad- und Moped-Teilen

Magna baut zwar Autos, ist aber mit keiner eigenen Automarke auf dem Markt präsent, hat also, wie ich annehme, puncto Werksgeschichte andere Prioritäten als etwa Audi, Porsche oder Mercedes-Benz, die sich in ihren Gedenkstätten natürlich konsequent selbst darstellen.

Dort, im Porsche-Museum, bleibt natürlich kein Staub liegen, schon gar nicht in den Waschräumen, dort blitzt alles und ist wohl geordnet, kuratiert, katalogisiert… Das ist etwas völlig anderes als die Halle P des vormaligen Einser-Werkes.

Das Johann Puch-Museum Graz ist ein Ergebnis des Zusammenwirkens vieler Kräfte. Angelpunkt ist ein Trägerverein, der diese Kräfte koordiniert. Doch die Ausstellungsstücke sind nicht im Besitz des Vereins. Sie sind Leihgaben von Liebhabern, Enthusiasten, letztlich auch von Leuten wie Herrn Votruba. Und sie sind Leihgaben von Firmen, wie unter anderem Magna Steyr.

Das bedeutet, im Museum kann nur das gezeigt werden, was diese Liebhaber und Firmen gerade zur Verfügung stellen. Wie angedeutet, wenn das zum Beispiel eine verbastelte Monza ist, dann repräsentiert dieses Artefakt zwar nicht die Werksgeschichte, aber ein Stück Sozialgeschichte und Lebensrealität jener Zeit. Das sind zwei grundverschiedene Themen und Aufgabenstellungen.

So gesehen steht das Johann Puch-Museum eher in der Tradition der „Wunderkammern“ und Privatsammlungen. Die haben freilich eine kulturgeschichtlich weit längere Tradition als jener Museumstyp, in dem kuratiert, geordnet und katalogisiert wird.

Zusätzlich die Aura-Frage: Auf welchem der Artefakte ruhte tatsächlich die Hand des Altmeisters und was lag nur zufällig dort herum?

Das sind also zwei kultur- und sozialgeschichtlich grundverschiedene Konzepte von Depots und Ausstellungen. Das Konzept des Johann Puch-Museums ist das einer permanenten Veränderung entlang aktueller Debatten und Leidenschaften, entlang verfügbarer Preziosen und Liebhaberstücke.

Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Dieser Tage hatte ich eine sehr anregende Plauderei mit dem Techniker Kurt Engeljehringer, der bei AVL List im Bereich der Schadstoffreduktion tätig ist. Er besitzt einen Ford Model T.

Ich fragte ihn, ob die „Tin Lizzy“ gemeinsam mit der Puch Voiturette gezeigt werden könnte, damit anschaulich würde, welche Entwicklung die Automobilkonstruktion in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts nahm, wenn genau NICHT bestehende Kutschen motorisiert, sondern „artgerechte“ Fahrwerke entwickelt wurden.

Gemeinderat Peter Piffl-Perčević (links) und Techniker Kurt Engeljehringer bei einer Debatte von Provenienzfragen

Engeljehringer stimmte zu und ich werde ihn jetzt gewiß nicht fragen, ob sein Ford völlig unverbastelt ist, denn dieser Aspekt interessiert mich für das spezielle Vorhaben nicht. Wenn es also im Museum zu dieser konkreten Zusammenschau kommen wird, wendet sich das nicht primär an Puristen.

Aber mir leuchtet natürlich ein, insgesamt verstehe ich die Votruba-Vorhaltungen vor allem als Empfehlung, sich beim Beschildern der Ausstellungsstücke um möglichste Stichhaltigkeit zu bemühen. Und das darf vom Publikum selbstverständlich erwartet werden.

— [Die Debatte] —

In eigener Sache, und zwar persönlich

Werte Damen und Herren!

Ich habe genau am 9. Juni 2012 begonnen, mich ehrenamtlich für das weitere Gedeihen des „Puch-Museums“ zu engagieren. Mein Beitrag ist bescheiden, ich hab die neue Website aufgebaut und betreue sie redaktionell.

In diesen wenigen Wochen meiner Befassung mit dem Haus habe ich kuriose Erfahrungen gemacht. Die angenehmen darunter handeln von erfahrenen Leuten, die teilweise ein Stück Werksgeschichte repräsentieren, die einerseits ihr unbezahlbares Wissen einbringen, die andrerseits Hand anlegen, damit am neuen Standort alles in der verfügbaren Zeit möglichst gut wird.

Zeitzeuge Franz Tantscher brachte nicht nur die 1906er Voiturette wieder zum Laufen, er nimmt auch einfachere Arbeiten sehr ernst.

Ich nenne ein Beispiel, damit verstanden wird, was ich meine. Wie viele Tage sah ich nun Franz Tantscher, der immerhin Mechaniker von Motocross-Weltmeister Harry Everts gewesen ist, still und unerbittlich zupacken, bis hin zum Umtopfen von Pflanzen. Der redet nicht viel, der macht.

Ich bin selber kein kleiner Rotzbub mehr und mag dennoch mit Respekt auf ihn blicken, seine Haltung auch als eine vorbildhafte sehen. Oder ich denke an Ferdinand „Fredi“ Thaler, der unter anderem Ortners Copilot in Monte Carlo gewesen ist und der seinerzeit Gelegenheit hatte, Werksdirektor Ledwinka auf der Teststrecke fast in hohem Bogen aus dem Haflinger zu schmeißen. Der Mann ist mir in seinem Entgegenkommen eine große Hilfe, am Thema Puch zu arbeiten.

Fredi Thaler, ein erfahrener Mechaniker und Zeitzeuge des Rennsports

Dann gibt es aus dieser kurzen Zeit meines jungen Engagements noch ganz andere Erfahrungen. Ich muß mich davon nicht gemeint fühlen, ich muß auch am Museum keine „Konfliktbewältigung“ anstrengen, denn offenbar waren da Konflikte, aber die gehen mich nichts an und niemand hat mich zum Revisor berufen.

Dennoch, ich sage es ganz offen, fühle ich mich brüskiert von so mancher Mitteilung, die mich als Sekretär erreicht. Ich habe höflich zu bleiben, weil das Haus nicht meine private Bude ist, doch ich möchte einige Dinge nicht einfach so im Raum stehen lassen.

Es war die aktuelle Botschaft von Wolfgang Votruba, dem Obmann des “Steyr-Puch Fahrzeuge Club Erlauftal“ [link], die mich zu dieser Stellungnahme bewegt. In meiner Welt spreche ich jemanden, dem ich etwas vorzuhalten habe, zuallererst einmal unter vier Augen an: „Mein Lieber, mir paßt da etwas ganz und gar nicht. Können wir darüber reden?“

Wenn also jemand so deftige Schelte, wie die von Votruba, nicht in den Postkasten wirft, sondern öffentlich an eine Tür nagelt, hier also noch dazu an die Einladung zur Neueröffnung des Museums heftet, dann ist das nicht bloß eine Sachverhaltsdarstellung. Der Mann will in seiner deutlichen Geste allgemein gehört und gesehen werden. Es geht demnach nicht bloß um Sachfragen, das ist evident, da hat jemand ein Hühnchen zu rupfen

Sie können Votrubas Vorhaltungen hier nachlesen: [link]

Ich werde jetzt natürlich nicht hergehen und seine Post entkräften wollen. Das wäre lächerlich. Ich denke, sie enthält ja auch Vorschläge, deren Beachtung sinnvoll ist. Außerdem respektiere ich die Meinung Andersdenkender und begrüße die aktuelle Mediensituation, in der man sich leicht zu Dingen äußern kann, wo man etwa auf solche Art gehört werden kann.

Ist schon wahr, mit dem Putzen ist im Haus zu keinem Ende zu finden...

Ich werde so frei sein, in einem eigenen Text ein paar Denkanstanstöße zum Thema „Puch-Museum“ vorzulegen. Es würde mich freuen, Ihre Meinung dazu kennenzulernen. Nutzen Sie bitte die Feeback-Funktion auf der Website, wie sie Votruba genutzt hat. Vor allem dort, wo es dann auch wieder sachlich werden kann, wird das Haus davon profitieren.

Martin Krusche
(Sekretär)

— [Die Debatte] —