Am Anfang standen Pferde

Die im Museum gezeigten Fahrzeuge machen Grazer Tramwaygeschichte vom Beginn an überschaubar. Das bedeutet, ab der Pferdetramway. Oder in damaliger Sprachregelung: Hipposidirbahn (Amerikanisches System).

Angesichts der schön ausgeführten Fahrzeuge würde ich mir heute Sorgen um den Gaul machen, wenn er so eine Fuhre samt Passagieren ziehen müßte. Wir reden aber von 1878. Da waren ausreichend kleine Kraftmaschinen für Fahrzeuge erst im Werden. Also mußte der Gaul ran.

Herbert Wöber beschreibt die Entstehung der Grazer Pferdetramway auf sehr anschauliche Weise in einem preiswerten Bändchen, das man im Museum erwerben kann.

Die Bemühungen um diese Novität begannen schon in den 1860er-Jahren, doch es dauerte bis 1878, dann waren die behördlichen Verfahren und die offenen Finanzierungsfragen bewältigt.

Kleiner Einschub:
Wir haben meist keine Vorstellung, wie enorm der Finanzbedarf für derlei Entwicklungen war (und ist). Es reichte also nie, ein vorzüglicher Handwerker zu sein, man mußte sich auf opulente Geschäfte verstehen.

Vom ersten Proponenten des Themas, dem „Privatier Josef Leopold Stiger“, gibt es Interessantes zu berichten. Er hatte sich in der kurzen Revolution von 1848, die Kaiser Franz Josef in Blut ertränken ließ, exponiert.

Stiger flüchtete nach Amerika, kehrte aber 1865, Dank einer Amnestie, nach Österreich zurück und bemühte sich (vergeblich) um eine Konzession für die Errichtung von fünf Tramwaylinien in Graz.

Amüsantes Detail, 1878 liefen die Bauarbeiten auch sonntags und das katholische „Grazer Volksblatt“ ließ sein Publikum wissen: „Die Engländer würden rechtzeitig auch ohne Sonntags-Entheiligung fertig.“

Quelle: Herbert Wöber: „Grazer Pferdetramway 1878-1899“

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Martin Krusche, Künstler, siehe: [link]