Gedenken: Mentalitätsgeschichte

Der dritte Band von „Memoria Austriae“ (Verlag für Geschichte und Politik) wurde von einem Team herausgegeben, dem auch Ernst Brückmüller angehört, dessen Sozialgeschichte Österreichs zu den unverzichtbaren Standards in meiner Bibliothek gehört.

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Von links: Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl, Vizebürgermeisterin Martina Schröck, Magna-Manager Wolfgang Zitz und Landtagsabgeordneter Christopher Drexler, Landtagspräsident Werner Breithuber und Alojz Kaučič, Bürgemeister von Juršinci


In diesem einen von drei Erinnerungs-Büchern über Österreich sind prägnante Firmen und Produkte beschrieben. Den Beitrag über die Steyr-Daimler-Puch AG verfaßte André Pfoertner. Dabei stellt er in einem eigenen Kapitel der „Mythos Puch“ heraus.

In diesem Kapitel stellt er fest, die Puch-Werke seien „autochthon in Österreich entwickelt“ worden, also vor Ort entstanden und gewachsen, sie hätten „innerhalb des Gesamtkonzerns ihre eigene Firmenkultur“ bewahrt.

Das ist ein sehr interessanter Aspekt, von dem gängige Publikationen zum Thema bisher kaum handeln. Aber wenn ich mit den vormaligen Mechanikern, Testfahrern, After Sales-Leuten rede, dann wird erahnbar, was damit gemeint sein mag.

Pfoertners Einschätzung ist vielleicht ein bemerkenswerter Hinweis auf den mehrfach hervorgehobenen besonderen Klang des Namens Puch in der Steiermark. Mythos und Logos stehen seit jeher in enger Wechselbeziehung; eine Eigenheit unserer Kultur. Das rein Sachliche und das Emotionale ergeben erst in der Verknüpfung ein lebendiges Bild.

Derlei Kräftespiele hinterlegen vielleicht auch so kleine Momente, wo etwa Magna-Exponent Wolfgang Zitz vor Publikum sagte, er sei „stolz ein Puchianer zu sein“: Kein Steyrer, kein Daimlerist, ein Puchianer.

Pfoertner schreibt: „Die Puch-Werke bewahrten sich jedoch durch ihre Dominanz auf dem Zweiradsektor auch vor der Wiederaufnahme der Automobilfertigung 1957 einen Platz im Bewusstsein der ÖsterreicherInnen.“

Das interessiert mich doppelt, als Sekretär im Engagement für das Puch-Museum, aber auch als 1956 Geborener, dessen Biographie ebenfalls von derlei Motiven handelt.

Dem nachzugehen bringt uns bemerkenswerte Bilder. Das drückt also nicht nur Technologie- und Sozialgeschichte aus, da kommen auch kulturelle Aspekte zum Tragen.

Im Musem treffe ich etliche Leute, die viel von dem GEMACHT haben, was hier gezeigt wird

Im Musem treffe ich etliche Leute, die viel von dem GEMACHT haben, was hier gezeigt wird

Wir dürfen damit rechnen, daß Wirtschaft und Politik uns in der Sache entgegenkommen, diese historischen Zusammenhänge und deren Wirkungen aus der Geschichte heraus aufzuarbeiten, um den derzeitigen Wert solcher Aspekte auszuloten und darzustellen. Da wäre dann von Mentalitätsgeschichte zu erzählen.

Es geht hier nicht nur um die Person des Johann Puch. In all dem reflektieren sich auch Spielarten der „Wir-Bildung“, die sich im vorigen Jahrhundert eingelöst haben, deren aktuelle Bedeutung wir eigentlich noch zu klären haben.

Was schert uns also Tradition, was kümmert uns Gewesenes? Wie erzählt sich das, was uns geprägt hat? Was haben wir damit zu schaffen?

— [Dokumentation]–

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Martin Krusche, Künstler, siehe: [link]