In der Stadt Judenburg liegt ein 2019er Kalender mit alten Fotografien auf. Ein Bilderbogen quer durch ein breites sozialgeschichtliches Spektrum, in dem teils die agrarische Welt, teils die Industrialisierung des Raumes sichtbar wird.
Das Juni-Blatt zeigt einen zentralen Platz auf dem ein Pucherl abgestellt ist, ein 700er Kombi. Links dahinter erkennt man kaum eine Stufenheck-Limousine, die eventuell ein BMW ist. (Könnte auch ein Ford sein.) Und rechts davon, schemenhaft, vemutlich ein DKW. Diese kleine Aufstellung illustriert soziale Entwicklung in mehreren Schritten. Im Juli folgt ein bullige Saurer-Bus, wie er in Österreich sehr gefragt war, ursprünglich ein Schweizer Konzept.
Das März-Blatt zeigt ein Stück Vorgeschichte, als die Motorisierung erst nur für sehr gut situierte Betriebe leistbar war. Da wird hoch über der Stadt, auf steilem Grund, umgebaut. Es ist also nicht grad eine günstige Lage. Das alte Foto steht im Kontrast zum beschönigenden Volkslied: „Im Märzen der Bauer die Rößlein einspannt…“ (Von wegen Rößlein!)
Das linke Tier könnte ein Ochse sein, wenn auch nicht unbedingt ein Athlet. Rechts ist es, wie das Euter erkennen läßt, auf jeden Fall eine Kuh. Das heißt, hier haben Menschen den Boden mit sehr bescheidenen Mitteln bestellt. So ein Gespann ließ bloß einen einscharigen Pflug zu. Dazu kommt, die Rinder sind unendlich viel langsamer als Pferde. Es war also eine Schinderei, die nicht flott erledigt werden konnte.
Diese Plackerei der Bauern ist seit der Jungsteinzeit fixer Bestandteil unserer Geschichte und begann sich teilweise erst 1947 aufzulösen, als die ersten Steyr-Traktoren ausgeliefert wurden. Die landwirtschaftliche Schufterei kommt nicht bloß in unserer Geschichtsschreibung zur Geltung, sondern auch in unserer Mythologie. Das meint eine Frontstellung zwischen Ackerbauern und Hirtennomaden. Kain, der seinen Bruder erschlug, war der Bauer, Abel ein Hirte.
Wie teuer diese Motorisierung der Landwirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg wurde, belegt auch der eher bescheidene Mähwender Puch Reform 2000, dessen kühne Namensgebung ihm auf dem Markt keine nennenswerte Zukunft bescherte. Also blieb er selten, ist kaum noch wo zu sehen. Aber im Judenburger Puch-Museum steht derzeit ein Exemplar.