Kulturreferat: Hintergründe

Schreibt man „Das Pucherl“ amtlich aus, dann steht da plötzlich „Steyr-Puch 500 Mod. Fiat“, erzeugt von der Steyr-Daimler-Puch AG. Da kommen jetzt gleich vier Automarken vor. Wieso denn? Und ist Daimler nicht irgendwie ein Jaguar? Und ist Steyr nicht ein Traktor?

Warum gibt es immer noch einen Puch? Nämlich den Puch G. Der ist aber vielleicht auch ein Mercedes-Benz und wird außerdem von Magna Steyr gebaut. Was heißt denn das nun wieder?

Wie kommt es überdies, daß ich auf den Straßen noch jede Menge Puch-Mopeds sehe, aber ich kann in keinem Laden ein neues kaufen? Andrerseits kann ich neuerdings Puch-Fahrräder sehr wohl wieder in den Geschäften kaufen. Fabriksneu, versteht sich. Doch wo kommen die her? Aus Italien sind sie auf jeden Fall nicht, obwohl die Steyr-Daimler-Puch AG in den 1980ern den ganzen Zweiradbereich an Piaggo verkauft hat.

Apropos Fahrrad! Zu welcher Waffengattung hat denn das Waffenrad eigentlich gehört? Und wo das Logo von Steyr genau genommen ein Fadenkreuz ist, waren das vielleicht radelnde Scharfschützen? Aber bei uns sagen alle „Puch Waffenrad“. Wie ist das gemeint?

Naja, einige unter Ihnen werden wissen, wie es tatsächlich um diese Zusammenhänge bestellt ist. Manche haben darüber vielleicht bloß gestaunt, aber nie genauer nachgeschaut, was hinter diesem Durcheinander steckt. Und die Jungen wissen es vermutlich überhaupt nicht, außer einzelne unter ihnen sind aus irgendeinem besonderen Grund in diese Firmengeschichten reingegangen.

In der Fachliteratur findet man derlei Dinge natürlich erläutert, aber die meisten derartigen Publikationen sind auch für ein Fachpublikum verfaßt und haben vermutlich in der Fangemeinde keine große Verbreitung. Wir werden also daran gehen, etwas mehr Licht und Trennschärfe in diese trübe Skizze gängiger Vorstellungen zu bringen.

Sie werden demnach in absehbarer Zeit auf der Website etwas mehr Klarheit bezüglich solcher Fragen finden können, wir wollen aber auch im kommenden Kulturprogramm des Museums beitragen, daß leichter verstanden werden kann, wie rund ein Jahrhundert Konzerngeschichte sich ereignet und entfaltet haben.

Am Beginn dieser Geschichte stehen sehr unterschiedliche Unternehmerpersönlichkeiten und ihre Betriebe. Josef und Franz Werndl mit Steyr, Paul Daimler und Eduard Bierenz mit Austro-Daimler, Johann Puch mit seinem Werk. Heute repräsentiert Magna Steyr den gegenwärtigen Status dieser weit verzweigten und sehr lebhaften Konzerngeschichte.

Ab den 1920er-Jahren erwuchs aus verschiedenen Vorläufer-Betrieben ein Mischkonzern, zu dessen bedeutenden „Umrührern“ der Pilot, Unternehmer und Börsenspekulant Camillo Castiglioni gehörte. 1934 hatten verschiedene Fusionsschritte zur Steyr-Daimler-Puch AG geführt, die während der Nazi-Zeit den Zielen der Tyrannis gedient hat und dann eine bemerkenswerte Nachkriegsgeschichte schrieb.

Es war freilich schon zu Zeiten von Altmeister Puch so, daß der Weg über die Entwicklung zur Massenfertigung von Fahrzeugen oft so extrem teuer wurde, daß es nicht ohne Teilhaber, Gesellschafter, Banken oder Börsengänge zu machen war. Das erklärt einen Teil der regen Veränderungsschübe, wenn man sich das ganze 20. Jahrhundert und die Firmengeschichte ansieht.

Wenn wir also in naher Zukunft neben den Ausstellungsstücken nun auch die Konzerngeschichte etwas stärker beleuchten werden, dann wirft dies einige Lichter auf fundamentale Bereiche der Mobilitätsgeschichte, denn dieses Zusammenführen von Massenproduktion und Massenkonsum ist ein enormes ökonomisches und soziokulturelles Kräftespiel, das recht spannende Facetten hat.

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Martin Krusche, Künstler, siehe: [link]