Wie kommt es, daß eine regionale Kulturinitiative aus der Oststeiermark mit dem Johann Puch-Museum in Graz kooperiert? Das liegt am größeren Themenzusammenhang „Mobilitätsgeschichte“. Das liegt auch an Fragestellungen, die sich aus der Befassung mit Netzkultur ergeben; also mit Überlegungen, welchen fruchtbaren Nutzen die Internetstützung für eine Interessensgemeinschaft haben kann.
Hinzu kommt, daß Karlheinz Rathkolb, der Leiter des Museums, sich nicht darauf beschränken möchte, eine Art Depot zu verwalten. Rathkolb ist an der Entwicklung einer vitalen Kultureinrichtung interessiert, die sich auch als Treffpunkt der Sachkundigen und der Neugierigen bewährt.
Das verlangt Ideen, Experimente und Kooperationen. Und sowas genau in Zeiten allgemein schrumpfender Budgets? Eben! Dafür müssen neue Verfahrensweisen erprobt werden.
Das ergibt ein paar Interessensschnittpunkte mit den oststeirischen Kulturleuten. Die soziokulturelle Plattform „kunst ost“ [link] hat derzeit zwei Themenschwerpunkte herausgearbeitet.
Neben der Gegenwartskunst, die in Kooperation mit dem Verein „styrian contemporary“ [link] heuer einen international wirksamen Akzent erhält, geht es im regionalen Engagement, wie schon erwähnt, um Mobilitätsgeschichte. So soll das Thema „Energie“ in der „Energie-Region Weiz-Gleisdorf“ praktisch greifbar werden, was auch mit einigen Vorhaben des dortigen EU LEADER-Managements [link] korrespondiert.

Wer sich mit Mobilitätsgeschichte befaßt, findet auch sehr schnell Berührungspunkte mit der agrarischen Welt
In der Kulturgeschichte von „Gehen, reiten und fahren“ liegen technologische Aspekte, die in der Oststeiermark vielfältigen Ausdruck gefunden haben. Bei „kunst ost“ wird nun herausgearbeitet, wie sich das in Alltagskultur und Kunst aufgreifen läßt.
Eine interessante Chance zur überregionalen Entwicklung solcher Themenstellungen besteht eben momentan auch in der Kooperation von „kunst ost“ mit dem „Johann Puch-Museum Graz“, wo nicht nur des herausragenden steirischen Pioniers der Mobilitätsgeschichte gedacht wird, sondern auch die Zukunft der individuellen Mobilität zunehmend zur Debatte steht, was in einigen Themenaspekten von Graz wieder in die Region zurückführt.
Immerhin finden Sie im Raabtal nicht nur Betriebe aus dem Bereich der Automobilherstellung, da sind auch die Wartung und einige Bereiche der Mobilitätsbranche, etwa Speditionen, stark präsent. Gleisdorf ist geradezu ein Knotenpunkt des oststeirischen Verkehrsgeschehen. Bundesstraßen sowie Bahn- und Buslinien führen durch den Ort zu allen wesentlichen Städten der Oststeiermark: Weiz, Fürstenfeld, Hartberg, Feldbach etc.

Mobilitätsgeschichte in der Praxis: Künstler Martin Krusche (rechts) mit Mechaniker-Legende Ferdinand „Fredi“ Thaler beim Offroad-Day von „S-Tec“ (Albersdorf)
Dazu kommen historische Aspekte vom Umbruch aus der bäuerlichen Welt in eine Industriemoderne, was stets auch eine Frage von Mobilität und Transportkapazitäten war. Somit entfalten sich soziokulturelle und technologiegeschichtliche Zusammenhänge, denen das Johann Puch-Museum für die Dimension des gesamten 20. Jahrhunderts gewidmet ist.
Eben hat eine lebhafte Debatte zwischen Museumsleiter Karlheinz Rathkolb, Sammler Peter Piffl-Perčević und Friedrich Ehn, dem Besitzer des Motorrad-Museums Eggenburg [link] erahnen lassen, wie komplex und teilweise problematisch die Fragen des Sammelns und des Museumsbetriebes heute werden, da der Lauf der Zeit und allerhand technische Neuerungen enorme Schwierigkeiten aufwerfen.
Es gibt also viele Gründe, einerseits interdisziplinäre Arbeitsweisen zu entwickeln, andererseits interessante Kooperationen zu finden, um den aktuellen Herausforderungen gewachsen zu sein.
P.S.:
Die Berufung auf Johann Puch als Repräsentant der GANZEN Geschichte ist allein schon durch seine Lebenszeit plausibel, denn Puch kam vor genau 150 Jahren auf die Welt und das ist ziemlich genau die Ära, in der mit dem Fahrrad der Weg zur Massenmobilität begann.