Gedenken: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Das Treffen zum 100. Todestag von Johann Puch war keineswegs eine traurige Angelegenheit. Feierliche Momente sind wesentlich die Augenblicke auf dem Grazer Zentralfriedhof gewesen, über den Peter Piffl-Percevic sagte, er sei „ein offenes Geschichtsbuch“.

Was für eine treffende Bezeichnung! Geschichtsbetrachtung wurde auf sehr saloppe Art betrieben, erhielt ernste Akzente. Wir durften dieser Tage von einer geänderten Orientierung bei Magna Steyr erfahren. Der verdiente Sponsor gibt der Traditionsmarke Puch derzeit neues Gewicht. Das verspricht, sehr spannend zu werden.

Karlheinz Rathkolb, der Leiter des Museums

Karlheinz Rathkolb, der Leiter des Museums


Wolfgang Zitz (Vice President Contract Manufacturing) erwähnte ausdrücklich: „Ich bin stolz zu sagen, auch ich bin ein Puchianer“.  Wer freitags den Besuch des Zweier-Werkes mitgemacht hat, bekam an den Förderbändern einen mehr als deutlichen Eindruck, was Massenproduktion heute bedeutet und wie enorm der Aufwand an Mitteln ist, damit diese Anlagen erst einmal dastehen und mit kompetenten Menschen besetzt werden können.

Dabei sieht man noch nichts von den Aufwendungen bei der Entwicklungsarbeit. Einen Puch G zu bauen ist dann doch eine sehr andere Sache als ihn in Gang zu halten. Was nun der „Mythos Puch“ sei, ist mit diesen Bildern nicht in Deckung zu bringen. (Was zwischen 1906 und 1910 an Serienfertigung in Gang kam, ist Arbeit wie von einem andere Planeten.)

Von links: Bürgermeister Siegfried Nagl, Vizebürgermeisterin Martina Schröck, Magna-Manager Wolfgang Zitz und Landtagsabgeordneter Christopher Drexler.

Von links: Bürgermeister Siegfried Nagl, Vizebürgermeisterin Martina Schröck, Magna-Manager Wolfgang Zitz und Landtagsabgeordneter Christopher Drexler.

Das Puch-Museum residiert in der Halle P, wo etwa der Alpenwagen gebaut wurde. So war vor allem der Kontrast aufschlußreich. Die Arbeit in den Strukturen des Johann Puch ist über Fotografien noch betrachtbar. Was jene Puchianer erlebt haben, die nach dem Zweiten Weltkrieg im Betrieb tätig waren, erzählen sie selbst bei eben solchen Treffen.

Die Bilder, die Erzählungen, die heutige Realität der Massenfertigung: Erst in der Zusammenschau dieser Aspekte entwickeln wir eine Vorstellung, wie radikal sich der Lauf der Dinge während des 20. Jahrhunderts mehrfach geändert hat.

Mit dem Gedenken an Johann Puch bestaunen wir Aspekte dieser eigentümlichen Geschichte. Daß ein Keuschler-Bub zum Handwerker und schließlich zum Fabrikanten wurde, ist eigentlich gar nicht das Spektakulärste daran, obwohl es erstaunlich ist.

Es geht vielmehr um die Qualität Veränderungen einer Ära zu verstehen und drauf angemessen zu reagieren. Es geht um Einfallsreichtum und Tatendrang. Spricht man mit erfahrenen Puchianern, die heute ihren 70. Geburtstag schon hinter sich haben, fällt auf, daß es ihnen vor allem auch um ein Maß an Selbstbestimmung geht und ging. Es scheint mir, das macht einen Teil ihres Selbstbewußtseins aus.

Gemeinderat Peter Piffl-Percevic (links) und Alois Schadler (S-Tec)

Gemeinderat Peter Piffl-Percevic (links) und Alois Schadler (S-Tec)

Diese Männer hatten sich Spielraum genommen, um Dinge zu erproben, um zu experimentieren. Damals war noch nicht gar so viel Kompetenz an die Ingenieure und an Computer abgegeben. Ist es nun romantisch und aussichtslos, sowas als Qualitäten zu deuten, um die man heute ringen könnte? Kann uns die Vergangenheit etwas lehren?

Um derlei Überlegungen geht es eben auch, wenn im Puch-Museum Benzin gesprochen wird, wenn Erfahrungen und Kenntnisse ausgetauscht werden. Die Zukunft kann kein Abbild der Vergangenheit sein. Was sie sein soll, ist stets neu zu klären. Doch der Blick zurück hilft dabei, den Stand der Dinge genauer zu erkennen und zu beschreiben. Davon geht ja aus, was dann Zukunft sein wird…

— [Dokumentation] —

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Martin Krusche, Künstler, siehe: [link]