Fiat Nuova 500

Fiatisti, Fans und fallweise Überraschungen

Es war der Prinoth-Monoposto [link] mit dem Puch-Motor, durch den wir dieser Tage miteinander zu tun bekamen. Claudio Mattioli sammelt seit rund 30 Jahren alles, was er über den Fiat 500 bekommen kann. Damit gilt seine Leidenschaft einem Angelpunkt der Mobilitätsgeschichte, die in unserem Lebensraum erst nach dem Zweiten Weltkrieg passende Automobile kennt, welche für ein breites Publikum erschwinglich sind.

 Der Fiat 500, von dem unser „Pucherl“ den Großteil seiner Karosseriebleche bezogen hat, ist eigentlich der Fiat Nuova 500, also der „neue“ 500er, dem der Fiat 500 als „Topolino“ vorausgegangen war. Dazwischen hatten Dante Giacosa und seine Leute die „Miniaturisierung“ eines „richtigen Autos“ am Fiat 600 erprobt.

Mattioli hat außerdem ein spezielles Interesse für die „Etceterini“, also für Derivate, die von oft kleinen Schmieden auf Fiat-Basis produziert wurden. Da findet man auf seiner Website eine schöne Kollektion von Fahrzeugen, die bei uns teils nicht einmal namentlich ein Begriff sind.

Die Cover-Sammlung der Betriebsanleitungen ergibt einen bunten Bogen: [link] Seine Sammlung an Buch-Covers zum Thema dürfte auch für manchen Puchianer anregend sein: [link]

In den Tiefen der Website, im Archiv, findet man ferner Nippes, Sammelobjekte, all das, was uns große Freude bereitet, obwohl es niemand so richtig braucht.

Vielleicht interessant zu erwähnen, daß Mattioli als Sammler auch über eine fulminante Kollektion an Miniaturen verfügt. Außerdem besitzt er natürlich andere Archivalien. So hat er mir einen Scan überlassen, dem wir entnehmen können, wie damals das Firmenlogo ausgesehen hat und wie der Signore Prinoth unterschrieben hat.

Mattioli befaßt sich übrigens auch mit dem Thema Moretti: [link] Und hier die Fiat 500-Website: [link]

Das Pucherl ein Fiat-Klon?

Diese Vorstellung taucht gelegentlich auf. Nein, das Pucherl ist kein Fiat-Klon, auch kein Lizenz-Fiat, keine Kopie. So viel Trennschärfe muß sein. Sonst weiß man nicht, womit man es zu tun hat.

Es ist eine Fülle an Eigenheiten des Grazer Kleinwagens, die einen markanten Unterschied ausmachen; und sei es bloß, daß der Puch — dank flachem Boxer (und hinten erhöhtem Blechdach) — ein Viersitzer ist, der Fiat mit seinem stehenden Reihenmotor dagegen ein Zweisitzer.

Der Fiat ist, im Unterschied zum Puch, ein Zweisitzer (Quelle: Helix84, GNU-Lizenz)

Aber auch wenn manche das gerne ein wenig durcheinander bringen, ist da kein Grund zu Abschätzigkeit oder gar zu Ressentiments. Im Gegenteil!

Erstens war Fiat über weite Strecken ein guter Kooperationspartner und Steyr Fiat wie auch etliche Nutzfahrzeuge, ich meine OM, also Lizenzversionen der Societa Anonime Officine Meccaniche in Mailand, beachtliche Fahrzeuge. Zweitens hat Fiat auch in der jüngeren Vergangenheit noch gerne auf Grazer Allrad-Know how zurückgegriffen.

Der OM Lupetto ("Wölfchen") wurde in Lizenz in Steyr gebaut

Drittens, und das ist mir eigentlich der wichtigste Grund, war Dante Giacosa ein bedeutender Ingenieur, der mit seinen Leuten eine Reihe großartiger Autos entwickelt hat. Ich finde, die exzellenten Handweker und die vorzüglichen Ingenieure verdienen Respekt. Da bleibt kein Platz für die Animositäten, die sich einzelne Fans gegenüber dieser und jener Marke leisten.

Aber zurück zum eigentlichen Thema. Die Pucherl haben natürlich Karosseriebleche von Fiat bezogen, sie wurden gegen Ende ihrer Geschichte aus finaziellen Gründen stark „fiatisiert“, das heißt, teure Grazer Komponenten entfielen teilweise, um die Produktionskosten in den Griff zu bekommen.

Der Schlußpunkt ist überdies im kantigen 126er überaus südlich gesetzt. Aber im Kern der Geschichte ist das Pucherl ein Produkt aus Graz und was immer man an diesem Auto loben mag, wenn man über seine Blütezeit spricht, wurde in Graz auf den Punkt gebracht.

Naja, nicht so ganz, denn Zeitzeugen erzählen, daß es gelegentlich auch noch Inputs von Erich Ledwinkas Vater Hans gegeben habe, wenn sich etwa ein Motorenproblem als hartnäckig erwiesen hat.

Aber das spiegelt andrerseits wieder, was im Automobilbau seit jeher üblich ist; vorzügliche Ingenieure verlassen Firmen und Länder, um sich andernorts neue Möglichkeiten zu erschließen. Automobile haben oft in Details Einflüsse aus ganz anderen Quellen.

Das Schnittmodell macht die grundlegend andere Raumsituation im Pucherl deutlich

Austro-Daimler, Steyr und Puch waren über ihre Fahrzeuge und deren Schöpfer an diesen und jenen Stellen stets auch mit anderen Firmen symbolisch verbunden, etwa Laurin & Klement, Skoda etc.; und zwar durch die Handwerker sowie die Ingenieure, die da abgeworben wurden, die dort das Handtuch schmissen…

Ferdinand Porsche war ein exponiertes Beispiel für einen Wuthupf, der die Finanzabteilung eines Konzerns überfordern konnte und alles hinter sich ließ, wenn man seinen Ideen keine ausreichenden Rahmenbedingungen bot. Heute ist es ja auch nicht anders…

— [Fahrzeuge] —

Fahrzeuge: Immer dem Bug nach

Ein Auftakt

Selbstverständlich haben Puch-Schammerl auch einen Retourgang, manchmal braucht man den. Aber am liebsten pfeifen sie doch vorwärts und wie der Wind um die nächsten Ecken. Deshalb ist es vielleicht sinnvoll, diese Leiste der Website mit einer kleinen Schau der Front-Embleme zu beginnen, obwohl manche Leute vom Pucherl vor allem den Auspuff zu sehen bekommen. (Kleiner Scherz! Schnell zu sein ist ja nicht alles.)

Dieses Oval war das erste Emblem am Bug des Pucherls

Als der 500er im Jahr 1957 auf den Markt kam, zierte den Bug ein ovales Emblem. Raten wir: Damit es mit dem „Wappen“ des Fiat Nuova 500 nicht zu verwechseln sei? Dieses Schild bekam im Vorbeigehen den etwas abschätzigen Spitznamen Kanaldeckel. (Wir wollen ovale Kanalschächte nicht grundsätzlich ausschließen.)

Der "Vogel" wurde zum langjährigen "Hauptdarsteller" auf den Puch-Nasen

Kurz darauf, nämlich 1959, kam mit der neuen Stahldach-Versionen 500 D das Emblem, von dem wohl die meisten wissen, die ein Pucherl auf der Straße noch erkennen, der „Vogel“ oder, mit größerer Geste, der „Adler“. Ganz unter uns, das war Noblesse, denn bei 19,8 PS Motorkraft lastet die stolze Applikation durchaus auf dem Gewicht-Leistungs-Verhältnis des Wagens. Aber ich meine, es ist eine gelungene Arbeit, weil völlig unverkennbar.

Dem kantigern 126er, mit dem dieser Teil der Puch-Story endete, kann man durchaus vorwerfen, daß er seine Herkunft dezent herunterspielte. Den Bug des „Peglica“, so sein Spitznamen bei unseren südslawischen Nachbarn = „Kleines Bügeleisen“, zierte bei uns das Fiat-Logo. Damit werden wir uns hier, an dieser Stelle, nicht weiter aufhalten.

Der "Stutzflügel" ist selten und aus einem Guß

Dann wären da noch einige Sonderformen, denen amtliches Siegel fehlt. Ich tippe auf private Initiativen. Zwei davon sind momentan im Grazer Puch-Museum zu sehn. Ein „gestutzter Vogel“, dem nicht die Flugkraft gekürzt werden sollte, sondern die Sehkraft erhöht. Ein Pianist würde sagen: „Stutzflügel“. Der offensichtliche Zweck: Platz für Zusatzscheinwerfer, um jede Art von Trübheit und Finsternis zu durchschneiden.

Im Rennbetrieb hieß es: Gewicht sparen, wo es nur geht

Noch minimalistischer ist die Reduktion auf den Kernbereich Steyr und Puch, wie wir das etwa vom Haflinger kennen. Das kann dann auf dem Bug auf so kecke Knöpfchen hinauslaufen.

— [Fahrzeuge] —