Gerhard Stiegler

Weihnachtsgespräche

Auch wenn wir vom 17. Dezember 2012 bis zum 25. Jänner 2013 geschlossen haben, läuft intern die Arbeit weiter. Das Ankommen am neuen Standort war ja mit der Eröffnung im vergangenen Sommer [link] keineswegs abgeschlossen.

Erstmals im Ausstellungsraum: Die 1951er Puch 125 TS Weltrekordmaschine

Brückenschläge

Ich hatte eine kleine Tour über das Gehackte zu machen, um Graz zu erreichen. Mit dem vollelektrischen Mitsubishi i-MiEV [link] wollte ich nicht über die Autobahn fahren. Mir fehlt noch Klarheit, was der so verheizt, wenn man ihn über die Piste treibt. Strom läßt sich ja nicht aus dem Kanister nachfüllen.

Friedrich Ehn (links) und Peter Piffl-Percevic beim Museumsrundgang

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Glosse: Alles beginnt erst

Es war eine gesellige Eröffnung zu erleben. Ein quirliges Durcheinander von altgedienten Puchianern und neuen Neugierigen, kommunalen Kräften und Funktionstragenden, Festgästen und Schaulustigen, Verdienten und Verdienenden, bescheiden Lebenden und gut Situierten, also in Summe genau die Mischung, die über mehr als hundert Jahre das Publikum, die Kundschaft des Johann Puch und seiner technischen Nachfahren ausgemacht hat.

Freibier und gratis Würstel, plus einiger anderer Wohltaten...

Wer einst der Firma Steyr-Daimler-Puch AG durch Arbeit verbunden war, konnte sich überzeugen, daß die Leistungen dieser Ära nicht vergessen sind. Das hat ja auch einiges mit der Identität einzelner Personen zu tun, deren Kompetenzen den Lauf der Dinge geprägt haben.

Bei solchen Veranstaltungen sind auch energische Kritiker des Status quo zu treffen. Ich hatte, über eine Bratwurst mit (wunschgemäß) reichlich Senf und Ketchup gebeugt, gründlich Gelegenheit, mir anzuhören, was es an Einwänden gibt.

Unsere Herzen sind mächtige Wunschmaschinen. Es ist mitunter erstaunlich, welche Agenda dem Altmeister, nein, dem Geist des Altmeisters auferlegt werden. Doch unterm Strich gilt, daß manche Menschen Entscheidungen treffen und sich die Ärmel aufkrempeln, andere das Revisionsgschäft bevorzugen, das die Arbeit der Schwitzenden beurteilt. So sind wir eben, wir wissen meist besseres als wir tun.

Das war übrigens ein Tag, in dem das Schwitzen leicht fiel. Ich höre, es sei das heißeste Juni-Wochenenden seit wenigstens einem Jahrzehnt gewesen. (Wie bedauerlich, daß mein Führerschein nur sehr wenig vom gut gekühlten Freibier aushält.)

Dann gibt es noch so kuriose Momente wie den folgenden: Während ich noch allerhand Kritikpunkte anzuhören hatte, schneite Consti Kiesling vorbei. Den ausgewiesenen Haflinger-Experten [link] kenne ich nun schon so viele Jahre… NUR via Internet. Wir sind uns noch nie zuvor real begegnet, aber jetzt, bei dieser Eröffnung.

Gerhard Stiegler, Vorstandsmitglied von Magna Steyr (links), und Museumsleiter Karlheinz Rathkolb

Es war auch Gelegenheit, Gerhard Stiegler, Vorstandsmitglied von Magna Steyr, kurz um ein paar Klarheiten zu fragen, denn etliche Fans neigen zur Ansicht, das Johann Puch-Museum solle quasi als ein „Werksmuseum“ von Magna angelegt sein und dessen Boss tief in die Schatulle greifen lassen, um die Sache richtig zu machen. Welche Sache?

Ginge es nach etlichen Fans, es liefe vor allem auf ein Puch Fahrradmuseum hinaus, zuzüglich eines Puch Mopedmuseums. (Motorräder und Roller haben bisher kaum Kommentare verursacht.) Das wäre wohl ein Hauptereignis, ergänzt um die Puchschammerl und die Allrad-Ecke. Daß Artefakte aus der Lebenszeit des Altmeisters auch zu berücksichtigen wären, Puch starb ja 1914, ginge dann allerdings extrem ins Geld.

Fahrräder aus dem späten 19. Jahrhundert, Motorräder und Automobile aus dem frühen 20. Jahrhundert, sie alle sind sehr rar, also entsprechend hochpreisig. Sie merken schon, SO kann der Begriff „Johann Puch-Museum“ gar nicht gedeutet werden, schon gar nicht, wenn ein privater Verein die Sache trägt.

Stiegler lächelte angesichts solcher Vorstellungen und machte deutlich: „Warum sollten wir ein Puch-Museum errichten? Wir haben Frank.“

Das Argument will in Ruhe bedacht sein. Auch wenn man die Biographien von Puch und Stronach nicht direkt vergleichen kann, weil sie im Gesamtzusammenhang der Industrialisierung zwei völlig verschiedenen Zeitaltern angehören, so haben sie doch gemeinsam, daß sie als Handwerker aus ganz bescheidenen Verhältnissen begannen; Puch in der Untersteiermark, Stronach in der Oststeiermark.

Die Phantasie, Magna Steyr würde Puch quasi ein Mausoleum errichten, weil man einen der Nachfolgekonzerne, die Steyr-Daimler-Puch AG, übernommen habe, bleibt völlig unrealistisch. Aber davon demnächst mehr aus erster Hand.

Zum aktuellen Zustand des Museums kann man sicher sagen: Alles beginnt erst! Da sind Erfahrungen, da sind neue Ideen, da sind Möglichkeiten. Vielleicht werden da auch die Mittel sein, um einem Großteil dieser Ideen nachgehen zu können. Schauen wir einmal, dann seh’n wir schon…

— [Überblick] —

Die formelle Eröffnung

30. Juni 2012: Die Wiedereröffnung des Grazer Johann Puch-Museums am neuen Standort, der denkmalgeschützten „Halle P“ des vormaligen Einser-Werkes, brachte etliche altgediente Puchianer, Männer wie Frauen, auf dem historischen Terrain zusammen.

Auch Funktionstragende der Kommunalpolitik fanden sich ein, um diesen Zwischenstand zu begutachten. Zwischenstand deshalb, weil das Museum aufgrund seiner Konzeption work in progress ist, also in steter Veränderung begriffen.

Das ovale Frontemblem weist den Steyr-Puch 500 der ersten Produktionsphase aus

Als ein Ort, an dem unsere Mobilitätsgeschichte verhandelt und gezeigt wird, würdigt es zwar den Genius loci, Altmeister Johann Puch, geht aber weit über sein Tun hinaus. So reicht die Schau von frühen Fahrrädern über erste Automobile zu zukunftsweisenden Prototypen und Unikaten, beinhaltet aber auch Elemente von Raumfahrzeugen, die ins All deuten, also über den Planeten hinaus.

Dieses Projekt ist keine staatliche Einrichtung mit Kuratoren, wissenschaftlichem Personal, Haustechniker und Putzmannschaft. Es ist „Bottom up“ entstanden, von der Basis engagierter Bürgerinnen und Bürger her; nicht wenige davon früher im Puchwerk, genauer: bei der Steyr-Daimler-Puch AG tätig.

Ein großer Teil der gezeigten Objekte stammt aus privatem Besitz, einige der Leihgaben kommen von Betrieben, einschlägigen Unternehmen.

Von links: Gerhard Stiegler, Karlheinz Rathkolb und Peter Piffl-Perčević

Das Trio im Kreis all der Leute, welche dieses Museum möglich gemacht haben, symbolisiert den Modus. Karlheinz Rathkolb (Mitte) repräsentiert den privaten Verein, der Träger des Museums ist. MAGNA-Vorstand Gerhard Stiegler (links) steht für Wirtschaftstreibende, deren Sponsorleistungen den laufenden Betrieb sichern. Peter Piffl-Perčević (rechts) vertritt hier die öffentliche Hand, deren kulturelle Agenda Beiträge zum Museumsbetrieb nahelegen.

Konzepte und Einzelstücke: Der Mila Alpin Pure von Magna Steyr zitiert in der Frontpartie den Steyr-Puch Haflinger in seiner Amerika-Ausführung.

Eines der großen Themen seit über hundert Jahren ist die individuelle Mobilität durch Kraftfahrzeuge. Das war bis nach dem Zweiten Weltkrieg einer gut situierten Minorität vorbehalten. Im Grazer Museum können Sie sich ansehen, wie es zum heutigen Stand der Dinge kam und wohin das eventuell weist…

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