Warum sammeln? Warum ein Museum?

Wenn wir nicht wissen, woher wir kommen, läßt sich schwer klären, wer wir sind. Wenn wir nicht wissen, wer wir sind, bleibt reichlich unscharf, wohin es gehen soll. Zugegeben, das Puch-Museum ist keine philosophische Fakultät, also werde ich derlei Überlegungen nun auf einen Teilaspekt hinführen, der im Hause greifbar ist.

In „Was das Pucherl bedeutet“ [link] habe ich schon knapp skizziert, daß das Automobil diese Gesellschaft völlig verändert hat. Grundlegend! Es ist nicht bloß Gebrauchsgegenstand, sondern auch Fetisch. (Unter Fetisch versteht man einen toten Gegenstand, der von Menschen mit besonderer Bedeutung aufgeladen wird.)

Das Auto hat technische und soziokulturelle Vorbedingungen, die sehr wesentlich in der Fahrradwelt zu finden sind, aber auch in ganz anderen Bereichen, wie etwa der Produktion von Schreibmaschinen und Nähmaschinen. Know how, Materialkenntnis, Mobilitätserfahrungen, Findigkeit in Produktionsweisen…

Das bedeutet, in recht kurzer Zeit, in rund 150 Jahren, haben wir technisch, wirtschaftlich und kulturell höchst komplexe gesellschaftliche Veränderungsprozesse durchlaufen, wie sie in jener Dichte und Geschwindigkeit vollkommen neu waren. Das brachte auch eine weitreichende Beschleunigung unser aller Leben mit sich, die teilweise höchst fatale Konsequenzen hat.

Wir wissen längst, daß eine Gesellschaft WISSEN und KOMPETENZEN sehr leicht verlieren kann, wenn man manche Dinge gerade nicht braucht und wenn man sich um erworbene Kenntnisse nicht kümmert. Daß wir solchen Fragen auch begegnen, indem wir Sammlungen anlegen, uns Museen leisten, ist ein kulturgeschichtlich sehr junges Phänomen.

Was einst die Wunderkammern und Privatsammlungen der „alten Eliten“ waren, ist der breiten Öffentlichkeit nicht zugänglich gewesen. Mit Frankreichs Louvre [link] im 18. Jahrhundert, mit dem steirischen Joanneum (heute: Universalmuseum Joanneum) [link] im frühen 19. Jahrhundert kennen wir zwei sehr markante Beispiele, wie einerseits altes Wissen geordnet und gepflegt, andrerseits neues Wissen beschafft und archiviert wird.

Wissensgewinn und -erhalt braucht ohne Zweifel Institutionen. Aber das sind sehr kostenintensive Projekte. Daher stehen sie auch permanent zur Debatte und werden gelegentlich massiv angefochten. Brauchen wir das alles? Soll es so oder so gemacht werden? Wer muß und wer kann das bezahlen? Wie können Hauptamt und Ehrenamt fruchtbar kombiniert werden? Was hat der Staat zu leisten und wofür hat sich die Zivilgesellschaft zuständig zu fühlen?

Sie sehen, zur laufenden Arbeit am Bestand des Museums kommen auch stets derlei grundlegende Fragen. Was meinen Sie dazu?

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Martin Krusche, Künstler, siehe: [link]