Wertschätzung des Handwerks

Ist von Motocross und Trial die Rede, finden wir nach dem Zweiten Weltkrieg in Puch-Motorrädern auch Rotax-Motoren verbaut, was übrigens KTM mit Puch gemeinsam hat. Rotax, heute BRP-Powertrain, ist ein Tochterunternehmen von Bombardier.

Der Lohner-Roller (L 125) mit seinem unverwechselabren Design

Bombardier hat 1970 die renommierten Lohner-Werke übernommen, wo einst der junge Ferdinand Porsche seine ersten bedeutenden Schritte als Konstrukteur gesetzt hatte. Porsche bot später auch seine markanten Auftritte in der Historie der Steyr-Daimler-Puch AG, denn seine Spuren lassen sich bei Austro-Daimler und Steyr gleichermaßen finden.

Warum ich das erzähle? Weil ich kurz das Augenmerk auf Lohner lenken möchte, in dessen Annalen mindestens der Roller L125 und das Moped Sissy bedeutende und populäre Positionen der österreichischen Mobilitätsgeschichte sind.

Dahinter steht eine weit größere, sehr komplexe wirtschaftliche und technische Entwicklung, die bis in das frühe 19. Jahrhundert zurückreicht.

Nun hat, so berichtet die Presse, Andreas Lohner die Markenrechte zurückgekauft und es sieht aus, als würde Lohner in der Mobilitätsbranche wieder auf dem Markt erscheinen, was ich vor diesem historischen Hintergrund für sensationell halte.

Anders als die Wiederbelebung der Fahrradmarke Puch, die sich Marketingfragen verdankt, setzt Lohner auf grundlegendere Zusammenhänge. Und da staune man, wenn etwa zu erfahren ist:

„Ich orientiere mich eher an der Idee von Frithjof Bergmann: An der Rückführung der Industrie an ihren Anfang: Handwerker sollen wieder die Möglichkeit haben, in ihrer Arbeit etwas zu entwickeln. Das geht nur in einer Manufaktur, in der der Einzelne viel Freiraum hat.“

Auch die österreichische Post hat sich dem Klassiker gewidmet

Ich halte das für ein sehr wichtiges Statement, weil es genau das betont, was man aus der Praxis früherer Kräfte hören kann, was etwa erfahrene Puchianer verkörpern.

Handwerker wie Fredi Thaler oder Franz Tantscher, denen wir hier im Museum einiges verdanken, sind genau jener Typ versierter Männer, die ihre Kompetenzen ja nur entfalten und zur Wirkung bringen können, wo ihnen eben solcher Freiraum gesichert ist.

Das meint auch, am Ganzen arbeiten zu können, statt bloß endlos an irgend einem Detail zu kurbeln. Das meint Eigenverantwortung und ein Hauch von dem, was hochkarätiges Handwerk ausmacht: Eine Sache um ihrer selbst Willen gut machen wollen.

Denken Sie nicht, ich sei hier der Nostalgie verfallen. Simple Blue Collar-Arbeit ist längst weitgehend in Billiglohnländer verschwunden und wir möchten gar nicht wissen, wie viel an weit höher qualifizierten Kräften eine Nation wie China jährlich ausschüttet.

Ein land wie Österreich ist also in der Wirtschaft gut beraten, auf höchste Kompetenz und Qualität zu setzen, was unter Strich beispielsweise von eben jenem Handwerks-Level handelt, das Lohner hier anspricht.

Lohners Überlegungen führen dann auch ganz konsequent zur Klarheit, daß Billigbergerei letztlich alles ruiniert. Seine Argumentation ist schlicht und unmißverständlich:

„Es ist nun einmal nicht möglich, immer nur das Billigste zu kaufen und trotzdem eine Pension mit 80 Prozent des Lohnniveaus zu wollen. Das kann sich nicht rechnen. Irgendjemand wird betrogen. Und interessanterweise ist es genau der, der immer so billig einkauft. Er optimiert zwar sein Einkommen, vernichtet aber auch einen Job um die Ecke.“

+) Das Interview mit Andreas Lohner führte Matthias Auer: [link]
+) Zum Thema Handwerk siehe auch: [link]
+) Als ich selber Lohner fuhr; gewisssermaßen: [link]

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Martin Krusche, Künstler, siehe: [link]