Puch Museum Graz

Essay: Johann Puch Museum Graz

von Peter Pifl-Percevic, April 2025

Im Kulturhauptstadtjahr 2003 war es in Graz so weit: Unverbesserliche Aktivisten hatten die Chance gewittert, dass es jetzt die Möglichkeit der Realisierung einer langgehegten Idee geben könnte: Das Johann Puch Museum, als Projektidee der Grazer Stadtbezirke Puntigam und Liebenau nahm Form und Gestalt an und entwickelt sich seit 2003 sehr gut. Unterstützt und ermöglicht wird das Museum von der Stadt Graz, welche die Infrastruktur in der von ihr angekauften denkmalgeschützten Halle in der Puchstraße bereitstellt, und von MAGNA Steyr. Träger des Museums ist der Verein Johan Puch Museum Graz mit seinem Obmann Karl Heinz Rathkolb.

Gründung der J.Puch – Erste steiermärkische Fahrrad-Fabriks-AG durch Johann Puch im Jahre 1899:

Im „Einser Werk“ in der heutigen Puchstraße – so heißt es erst als 1942 das Puch Werk in Graz-Thondorf in Betrieb ging – und an diesem zweiten Standort wurde Mobilitätsgeschichte geschrieben. Bereits 1900 fuhr das erste Puch-Auto auf den Grazer Schlossberg, 1903 begann die serienmäßige Produktion von Motorrädern, 1903 mit der Voiturette die Serienproduktion von Automobilen. Der geschickte Handwerker und Mobilitätspionier und Visionär Johann Puch hatte statt auf das Hochrad auf das britische Safty, das Niederrad gesetzt, diese Produktbezeichnung erklärt sich von selbst. 1909 erzielte ein 4,2 l Puch-Wagen mit Holzfelgen und Naturkautschukreifen auf der Landscha-Allee bei Leibnitz auf dieser nur notdürftig befestigten Straße einen sagenhaften Geschwindigkeisrekord von 130 km/h.

Als der Industriepionier und Vordenker Johann Puch, der immer wieder Frauen am Volant auf seinen automobilen Werbeplakaten platzieren ließ und eine Fahrschule für Frauen gegründet hatte, im Jahr 1914 53jährig verstarb betrug die Jahresproduktion 10.000 Fahrräder, 300 Autos und 300 Motorräder.


Faszination auf Rädern, willkommen im Johann Puch Museum:

In der noch unter Johann Puch errichteten denkmalgeschützten 3.000 m2 großen Halle „P“ – dieser Buchstabe steht für den dort bis zum Jahr 2000 erzeugten Pinzgauer – sind rund 2.500 Objekte ausgestellt. Fahrräder, Mopeds, Motorräder – von 1923 bis ca. 1975 waren diese mit den legendären Doppelkolbenmotoren des Giovanni Marcellino ausgestattet – Automobile angefangen vom originalen Fahrgestell eines Alpenwagens über den Steyr-Puch 500 mit all seinen Weiterentwicklungen, den allradgetriebenen Haflinger, seinen großen Bruder den Pinzgauer bis hin zum letztverfügbaren Puch/Mercedes G 63 AMG Biturbo und all den Prototypen Elektrofahrzeugentwicklungen und Wasserstoffahrzeugen.

Die Auftragsfertigungen von Gesamtfahrzeugen von Puch, heute MAGNA Steyr, etwa für Volksagen, Mercedes, BMW, Saab(Cabrio) und Jaguar sind ebenfalls omnipräsent im Museum. Immer wieder sind die Schnittmodelle der Allradantriebe und der Antriebsaggregate heute von MAGNA Powertrain in Lannach neben den Fahrzeugen ausgestellt und lassen die Besucher in die Faszination der Technik eintauchen.

Beitrag Österreichs zur weltweiten Automobilentwicklung ausgehend von Johann Puch:

So gut wie jeder bedeutende global agierende Automobilerzeuger verwendet heute Antriebsaggregate und Allradantriebe – zunehmend elektrifizierte Varianten – von MAGNA Powertrain so z.B. Mercededes, BMW, VW und mittlerweile auch sehr erfolgreich AUDI .

Eines der Geheimnisse ist die gute gelebte Kooperation von Puch bzw. MAGNA mit anderen Leitbetrieben z.B. der AVL in Graz und speziell mit der TU Graz, der FH Joanneum, und mit JOANNEUM Research, das ist auch im Puch Museum nachzuvollziehen.

Steyr-Daimler-Puch-AG von 1934 bis 2001, heute MAGNA Steyr:


Was Johann Puch mit seinem STYRIA-Rad in Graz begonnen hatte wurde aus seiner 1899 gegründeten Aktiengesellschaft durch Fusion mit Austro Daimler in Wiener Neustadt im Jahr 1928, durch Fusion mit Steyr im Jahr 1934 seit damals zur Steyr-Daimler-Puch AG und seit 2001 zu MAGNA Steyr.

Heute ist der steirisch Automobilcluster zum österreichweiten Mobilitätscluster gewachsen, im Grazer Zentralraum bedeutet dies über 8.000 hochqualifizierte Arbeitsplätze im Engineering und in der Fertigung nicht nur in Thondorf sondern bei MAGNA Powertrain in Lannach, Bei der MAGNA Heavy Stamping in Albersdorf bei Gleisdorf und der MAGNA Presstec in Weiz.

Pädagogisch- didaktisches Museumskonzept: Jugend für Technik interessieren

Museumspädagogischer Auftrag ist, den Nachwuchs an jungen in Ausbildung befindlichen Menschen – vor allem auch Mädchen – für Technik und Technologie schon sehr früh und im Zuge von Bildungsentscheidungen zu interessieren und zu informieren.

Motorsportliche Erfolge waren schon unter Johann Puch wesentlicher Bestandteil seines Marketingkonzeptes denken wir an das Radrennen Paris-Bordeaux, das ein Fahrrad aus seiner Produktion einst gewinnen konnte.

Hier ein Beispiel aus dem Motorsport aus der jüngeren Geschichte eindrucksvoll dokumentiert im Johann Puch Museum Graz:

Der Puch 500 bzw. die 650er und Johannes Ortner bzw. Carlo Abarth, eine legendäre Story samt Fahrzeugen hier im Museum:

Gleich nach Produktionsbeginn des Steyr Puch 500 im Jahr 1957 begannen Motorsportaktivisten dieses 16 PS-Gefährt zu „frisieren“. Einer der begnadetsten war der Villacher Werkstattbesitzer Johannes Ortner, der auf seinem privaten Puch 500 gleich Staatsmeister in dieser Klasse wurde.

Steyr Puch 650 T :

Beim Modellwechsel 1962 kam der 650 T ( „T“ steht für Thondorf ) in den Verkauf, man hatte den hubraumstärkeren Motor des 1959 auf den Markt gebrachten Puch Haflinger dort verbaut. Gleich das erste Fahrzeug verblieb im Werk und wurde vom hauseigenen Versuch zum professionellen Rallyefahrzeug weiterentwickelt. Als Werksfahrer wurde naheliegenderweise der frischgebackene Staatsmeister Johannes Ortner verpflichtet, der auch mit dem weißen Mittelstreifen am rot lackierten Puch-Schammerl mit diesem persönlichen Design seines privaten Puchs seinem Werksfahrzeug diesen unnachahmlichen Stempel aufdrückte.

Mit diesem Puch gelang auch die Homologation nunmehr als 650 TR in der Kategorie Tourenwagen durch die FIA in Paris, was aus den Fotographien im Homologationsdokument unschwer nachvollziehbar ist. Das „R“ steht übrigens für Rallye, so ist es der umfangreichen Literatur rund um das Puch Schammerl zu entnehmen.

Der größte Motorsporterfolg des Johannes Ortner mit diesem Gerät war wohl der 2. Platz bei der Int. Österreichischen Alpenfahrt des Jahres 1964, die in diesem Jahr als Europameisterschaftslauf ausgetragen wurde.

Wer war der Gewinner dieser Rallye ? : Kein geringerer als der Gesamtsieger der Monte, der Monte Carlo Rallye desselben Jahres, der unvergessliche Minitreiber Paddy Hopkirk, der mit seinem erstmaligen Monte-Rallyerfolg mit dem Mini Motorsportgeschichte geschrieben hatte. Womit fuhr aber Hopkirk bei der sommerlichen Alpenfahrt ? Da hatte er noch nicht genügend vertrauen auf den wintererprobten Mini, er fuhr seinen bewährten 3 l Austin Healey. Als ihm Ortner allerdings mit seinem 650 T(R) mehr als im Nacken lag, ja immer um den Sieg mitritterte, hätten wir gerne seine Gedanken mitlesen mögen.

650 TR II , produziert im Dezember 1964, von Ortner verwendet bis 1966:

Auch dieser Werks-Puch steht gleich neben seinem Vorgängerfahrzeug im Museum.

Gaisberg, Rossfeld, Trento Bondone, Triest-Opicina, alles klingende Motorsportbewerbe, einige Einladungen zur Teilnahme an den historischen Revivals dieser Bergrennen gelangen alljährlich ins Puch-Museum. Immer wieder sind diese Ortner-Autos die einzigen, die schon vor mehr als 50 Jahren an den seinerzeitigen Rennen teilgenommen hatten. Im Museum steht dieses Auto in seinem ersten Trimm für die Rallye Monte Carlo im Jänner 1965 mit der Startnummer 7. Der spätere Cheftechniker des Stey-Puch Kundendienstes Ferdinand Thaler, der damals als Werksseitiger Rallyebetreuer fungierte, hat ganz wesentlich zu diesem originalen Trimm dieses 650 TR II beigetragen.

Carlo Abarth, der Österreicher aus Wien in Turin und Johannes Ortner:

Carlo Abarth war wohl eine ganz große und bedeutende Motorsport- und Unternehmerpersönlichkeit und hat sich mit mehr als 1000 Siegen seiner Werks- und Privatfahrer unauslöschlich in die Ergebnislisten eingetragen. Speziell in seiner Heimatstadt Wien beim alljährlichen Flugplatzrennen in Aspern präsentierte er gerne ganz stolz sehr erfolgreich immer wieder Prototypen und Neuentwicklungen.

In den Klasen unter 850 ccm blieb ihm allerdings einiges an Erfolgen verwehrt. Gab es doch hier die Konkurrenzprodukte aus den Grazer Puchwerken zu den bereits im Juni 1957 in Turin in Produktion gegangenen Fiat 500 bzw. in der Folge den Fiat Abarth 500, 595 und 695.

So griff Carlo Abarth zu einer äußerst erfolgreichen List: Er machte Johannes Ortner sozusagen aus seinem Puch-Auto heraus das Angebot, zu ihm nach Turin als Abarth Werksfahrer zu kommen. Dort hielt Ortner gleich von Anfang an etwa Werksfahrer wie Arturo Merzario nicht nur immer wieder in Schach, Merzario war da beispielsweise auf Abarth Simca 1300 OT oder noch größeren Kalibern bereits sehr eingeübt unterwegs. Und die allergrößten Motorsporterfolge für Carlo Abarth erzielte dann Johannes Ortner auf Abarth 2000 S und Abarth 3000 SP mit V8- Motor durch die beiden Gesamtsiege in der Bergeuropameisterschaft der Jahre 1970 und 1971 mit den Rennnen etwa auf den Mont Ventoux, oder den Hausberg Ortners, den Dobratsch.

Kommen Sie ins Puch Museum Graz, wir hoffen, Ihnen hiermit Anregungen gegeben zu haben, wir erwarten Sie gerne.


Steyr Puch
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